Luther und die Obrigkeit

»Jawoll!« – und Hacken zusammengeschlagen.

Der deutsche Untertanengeist hat eine lange Tradition. Die ideologische Rechtfertigung findet sich schon bei Luther in seiner »Zwei-Reiche-Lehre«.

Zur Linken Gottes herrscht die Obrigkeit mit dem Schwert. Im Reich zur Rechten die Kirche, Christus vertretend durch Wort und Sakrament – eine von Gott gegebene und gewollte Ordnung. Die Untertanen können sich nicht mehr auf abgestufte ständische Privilegien und Freiheiten berufen. Das nun herrschende Recht ist das Recht der Fürsten, die versuchen, flächendeckend einen modernen Territorialstaat mit politisch gleichgeschalteten Untertanen zu formen. Protestantische Geistlichkeit und weltliche Macht ziehen an einem Strick, wenn es um die Respektierung der staatlichen und kirchlichen Ordnung im Sinne der Landesfürsten geht.

Räsonierende Untertanen werden nicht gelitten. Kritik ist untersagt, auch gegenüber Tyrannen. Wer widerspricht, ist Pöbel. Er hat es verdient zu leiden.

Selten hat ein Staatstheoretiker den Untertanengehorsam als Tugend so betont wie Luther. Der Reformator, dem das Ideal des Kadavergehorsams den Ruf eines »Fürstenknechts« einbrachte, ist sicherlich mit verantwortlich für die im Vergleich zu Westeuropa späte Emanzipation des Bürgertums und des Proletariats in Deutschland.

Keiner war ein größerer Apologet der Obrigkeit. So Luther über Luther!

Quellen:

Das Recht der Obrigkeit

»Wenn es rechtmäßig zugeht, hat die Obrigkeit mit ihren Untertanen nichts anderes zu tun, als das Recht zu bewahren, Gericht zu halten und Urteile zu fällen. Wenn sie sich aber empören und auflehnen, wie es jüngst die Bauern taten, ist es recht und billig, gegen sie mit Gewalt vorzugehen. …Christen verzichten darauf, sich gegen die Obrigkeit zu empören.«

(Martin Luther, Ob Kriegsleute in seligem Stande sein können, 1526, zit. nach: Glaubensstimme a.a.O., S.8)

Die Zwei-Reiche-Lehre

»An sich ist das Amt des Schwertes recht und eine göttliche, nützliche Ordnung, und Gott will, dass sie nicht verachtet, sondern gefürchtet und geehrt wird und Gehorsam genießt. Anderenfalls soll es nicht ungerächt bleiben, wie der heilige Paulus, Römer 13,2 schreibt. Denn er hat eine doppelte Herrschaft unter den Menschen aufgerichtet: eine geistliche, durch das Wort und ohne Schwert, wodurch die Menschen fromm und gerecht werden sollen, so dass sie mit dieser Gerechtigkeit das ewige Leben erlangen. Solche Gerechtigkeit bewirkt er durch das Wort, das er den Predigern aufgetragen hat. Die andere Herrschaft ist weltlich durch das Schwert, damit diejenigen, die nicht durch das Wort fromm und gerecht für das ewige Leben werden wollen, dennoch durch diese weltliche Herrschaft gezwungen werden, fromm und gerecht zu sein vor der Welt. Und solche Gerechtigkeit bewirkt er durch das Schwert.«

(Martin Luther, dto., zitiert nach: Glaubensstimme a.a.O., S.4)

Lob der Tyrannen

»Es ist eine verdammte, verfluchte Sache mit dem tollen Pöbel. Niemand kann ihn so gut regieren wie die Tyrannen. Die sind der Knüppel, der dem Hund an den Hals gebunden wird. Könnten sie auf bessere Art regieren, würde Gott auch eine andere Ordnung über sie gesetzt haben als das Schwert und die Tyrannen. Das Schwert zeigt deutlich an, was für Kinder es unter sich hat, nämlich nichts als verdammte Schurken, wenn sie es zu tun wagten. Darum rate ich, dass ein jeder, der hier mit einem guten Gewissen handeln und das Rechte tun will, mit der weltlichen Obrigkeit zufrieden sei und sich nicht an ihr vergreife.«

(Martin Luther dto, zitiert nach: Glaubensstimme a.a.O., S.9)

Der Pöbel muss leiden

»Man darf dem Pöbel nicht zu viel pfeifen, er wird sonst gern toll. Es ist billiger, ihm zehn Ellen abzubrechen, als ihm in einem solchen Falle eine Handbreit, ja die Breite eines Fingers einzuräumen. Und es ist besser, wenn ihm die Tyrannen hundertmal unrecht tun, als dass sie dem Tyrannen einmal unrecht tun. Denn weil ja das Unrecht gelitten werden muss, so ist vorzuziehen, durch die Obrigkeit zu leiden, als dass die Obrigkeit durch die Untertanen zu leiden hat. Denn der Pöbel besitzt und kennt kein Maß. In jedem einzelnen stecken wohl mehr als fünf Tyrannen. So ist es besser, von einem Tyrannen, d.h. von der Obrigkeit, Unrecht zu leiden als von unzähligen Tyrannen, d.h. vom Pöbel.«

(Martin Luther dto, zitiert nach: Glaubensstimme a.a.O., S.9)

Ruhm des weltliches Schwerts

»Ich möchte mich fast rühmen, dass seit der Zeit der Apostel das weltliche Schwert und die Obrigkeit noch nie so deutlich beschrieben und gerühmt worden ist wie durch mich. Sogar meine Feinde müssen das zugeben.«

(Martin Luther, dto. Glaubensstimme, a.a.O., S.2).